Geschichte

Theoretische Anfänge: Bis 1985

John von Neumann veröffentlichte im Jahr 1949 seine Arbeit „Theory and Organization of Complicated Automata“. Darin stellt er die These auf, dass ein Computerprogramm sich selbst wiederherstellen kann. Das war die erste Erwähnung von computervirenähnlicher Software. Erst als Victor Vyssotsky, Robert Morris Sr. und Doug McIlroy, Programmierer bei Bell Labs, ein Computerspiel mit dem Namen Darwin erstellten, wurde die Theorie in die Praxis umgesetzt. Zwei Spieler ließen Software-Organismen um die Kontrolle über das System kämpfen. Die Programme versuchten dabei, einander zu überschreiben. Spätere Versionen des Spiels wurden als Core Wars bekannt. Breite Bekanntheit erfuhr das Konzept Core Wars durch einen Artikel von Alexander K. Dewdney in der Kolumne Computer Recreations der Zeitschrift Scientific American.

1972 veröffentlichte Veith Risak den Artikel Selbstreproduzierende Automaten mit minimaler Informationsübertragung. Darin wird über einen zu Forschungszwecken geschriebenen Virus berichtet. Dieser enthielt alle wesentlichen Komponenten. Er wurde im Maschinencode des Rechners SIEMENS 4004/35 programmiert und lief einwandfrei.

1975 veröffentlichte der englische Autor John Brunner den Roman Der Schockwellenreiter, in dem er die Gefahr von Internetviren vorausahnt. Sein Kollege Thomas J. Ryan schilderte 1979 in The Adolescence of P-1, wie sich eine Künstliche Intelligenz virenähnlich über das nationale Computernetz ausbreitet.

Im Jahr 1980 verfasste Jürgen Kraus an der Universität Dortmund eine Diplomarbeit mit dem Titel Selbstreproduktion bei Programmen, in welcher der Vergleich angestellt wurde, dass sich bestimmte Programme ähnlich wie biologische Viren verhalten können. Die Behörden wurden bei dieser Diplomarbeit hellhörig und ließen die Verbreitung des Werkes stoppen. Erst im Dezember 2006 wurde diese Arbeit wiederveröffentlicht und im Internet allgemein verfügbar.

1982 wurde von Rich Skrenta ein Computerprogramm geschrieben, das sich selbst über Disketten auf Apple-II-Systemen verbreitete. Das Programm hieß Elk Cloner und kann als das erste Bootsektorvirus bezeichnet werden. Die Grenze von Theorie und Praxis bei Computerviren verschwimmt jedoch, und selbst Experten streiten sich, was tatsächlich das erste war.

Professor Leonard M. Adleman verwendete 1984 im Gespräch mit Fred Cohen zum ersten Mal den Begriff „Computervirus“.

Praktische Anfänge: 1985-1990

Fred Cohen lieferte 1986 seine Doktorarbeit Theory and Experiments ab.[4] Darin wurde ein funktionierendes Virus für das Betriebssystem UNIX vorgestellt. Dieses gilt heute als das erste Computervirus.

Im Januar 1986 wurde schließlich auch die erste Vireninfektion auf einem Großrechner an der FU Berlin entdeckt.

Zwei Software-Händler aus Pakistan verbreiteten im Jahr 1986 das erste Virus für das Betriebssystem MS-DOS der Pakistani-, Ashar- oder auch Brain-Virus genannt wird. Diese Händler verkauften billige Raubkopien von Originalsoftware. Dies war möglich, da dort das Kopieren von Software nicht strafbar war. Jeder Softwarekopie legten sie den Virus bei, der den Zweck haben sollte, die Kunden an den Händler zu binden. Überraschenderweise verbreitete sich dieser Virus aber sogar bis in die USA. Das Programm war relativ harmlos, da es nur das Inhaltsverzeichnis der befallenen Disketten in Brain umbenannte.

Schließlich wurde 1987 auch der erste Virus für Macintosh-Rechner entdeckt. Apple lieferte daraufhin all seine System gleich komplett mit einem Virensuchprogramm aus. Allerdings konnte es nur diese eine Virenfamilie finden und war für andere Virustypen sozusagen blind. Somit war das Programm also nur bedingt brauchbar.

1987 verbreitete sich der erste Wurm in einem IBM-System. Dieser „Weihnachtsbaum“ oder „Tannenbaum“-Wurm fand eine explosionsartige Verbreitung (siehe Computerwurm).

Im November des Jahres wurde schließlich auch der LeHigh-Virus gefunden, der eine neue Technik beim Infizieren von Programmen verwendete (Slackbereich-Infektor).

Kurz darauf wird in Deutschland auch zum ersten Mal der Cascade-Virus gefunden. Er war der erste Virus, der speicherresident wurde und in Dateien auch verschlüsselt auftrat. Aufgrund dieser Eigenschaften wird er auch zur zweiten Generation der Viren gerechnet.

Zu einer der ersten Viren gehört auch der Jerusalem- oder PLO-Virus. Er wurde auch unter dem Namen Freitag-der-13.-Virus bekannt, da er an einen solchen Tag alle COM- und EXE-Dateien löscht. An allen anderen Tagen verlangsamte er nach etwa 30 Minuten die Rechnergeschwindigkeit. Heute gibt es etwa 500 Varianten dieses Viruses.

Für andere Systeme treten auch die ersten Viren auf, so für den Mac (nVir, Peace), Amiga (SCA-Virus), Atari (PT, Aladdin) und für UNIX (IBM MVS 370).

Im selben Jahr, 1987, erschien im Data-Becker-Verlag das erste Buch zum Thema Computerviren, Das große Computervirenbuch von Ralf Burger. Da Burger den Quellcode einiger Viren im Buch veröffentlichte, erschienen in den folgenden Monaten Dutzende Varianten des von ihm geschriebenen Virus' in der Öffentlichkeit.

1988 erschien der erste Baukasten für Viren (Virus Construction Kit). Damit ist es auch Anfängern möglich, Viren nach Maß zu erstellen. Das Programm wurde für den Computer Atari ST geschrieben.

In diesen Jahren wurden auch die ersten Antivirenprogramme herausgebracht, vor allem um große Firmen zu schützen. Im Jahr 1989 erschien mit V2Px dann auch das erste polymorphe Virus, das sich selbst immer wieder neu verschlüsseln konnte und nur sehr schwer zu entdecken war.

Die Ära der DOS-Viren: 1990–1995

In diesen Jahren wurden Viren immer komplexer, um sich weiter verbreiten zu können und um sich besser gegen die Entdeckung durch Antivirenprogramme zu schützen. Im Jahr 1992 veröffentlichte ein Virenschreiber namens Dark Avenger den ersten polymorphen Programmgenerator, MTE. Damit konnten sich auch einfachste Viren leicht vor einer Erkennung schützen. Einige der damaligen Hersteller von Antiviren-Software konnten dieses Problem nicht lösen und stoppten die Entwicklung ihres Programms.

1992 löste auch das Michelangelo-Virus eine enorme Medienhysterie aus. Mit ihm wurde die Existenz der Viren auch in der breiten Öffentlichkeit bekannt.

In diesen Jahren wurden auch immer wieder neue Techniken in Viren entdeckt, wie zum Beispiel die gleichzeitige Infektion von Dateien und Bootsektor, OBJ-Dateien oder Quellcode-Dateien. Auch wurde 1992 mit Win.Vir_1_4 das erste Computervirus für das Betriebssystem Microsoft Windows 3.11 registriert. Dieses Proof-of-Concept-Virus wurde nie in „freier Wildbahn“ entdeckt.

Viren wie ACG und OneHalf markieren das Ende der MS-DOS-Viren. Bis heute zählen sie zu den komplexesten Viren überhaupt. Sie sind stark polymorph und enthalten auch Techniken wie Metamorphismus.

Die Ära der Viren für 32-Bit-Windows-Betriebssysteme: 1995–2002

Ab 1995, mit dem Erscheinen von Microsoft Windows 95 und dem ständigem Zuwachs an Benutzern, wurden auch Viren für dieses Betriebssystem (und dessen obligate Programme wie Microsoft Office) geschrieben. 1995 erschien das erste Makrovirus für Microsoft Word. Da Dokumente öfter als Programme getauscht wurden, wurden Makroviren ein sehr großes Problem für die Anwender. In den Jahren darauf erschienen dann auch die ersten Makroviren für Excel (1997), Powerpoint und Access (beide 1998) und Visio (2000). 1996 wurde auch das erste Virus Constructor Kit für Makroviren geschrieben, das es auch Personen ohne Programmierkenntnissen ermöglichte, Viren zu erstellen.

1996 erschien dann mit Boza auch das erste Virus für Microsoft Windows 95. Damit wurde gezeigt, dass das neueste Microsoft-Betriebssystem für Viren doch nicht, wie behauptet, unantastbar war.

Da der Kampf zwischen Antivirenherstellern und Virenautoren zugunsten der Antivirenhersteller gewonnen schien, wurden 1998 mit W32.HPS und W32.Marburg die ersten polymorphen Windows-32-Bit-Viren geschrieben. Kurze Zeit später entstand mit Regswap auch das erste metamorphe Virus für diese Betriebssysteme.

1998 und 1999 erschienen die ersten VBS- und JavaScript-Viren und als logische Konsequenz auch die ersten HTML-Viren. Diese Viren arbeiteten mit dem umstrittenen Zusatzprogramm „Windows Scripting Host“. Nun konnten auch Webseiten von Viren infiziert werden.

In dieser Zeit wurden auch einige andere, für den Benutzer ungefährliche, Viren geschrieben, die dennoch historisch interessant sind. Beispiele sind das OS2.AEP-Virus, das als erstes ausführbare Dateien des Betriebssystems OS/2 infizierten konnte, oder die ersten Viren für HLP-Dateien, für PHP-Dateien, für Java, für AutoCAD, für Bash, für Palm OS und für Flash.

Mit dem W95/CIH-10xx verbreitete sich 1998 das erste Virus, das neben dem Löschen der Festplatte auch das BIOS zerstören konnte. Somit war der gesamte PC unbrauchbar, bis durch Fachleute mit geeigneter Hardwareausstattung in den BIOS-Flash-EEPROM-Baustein ein neues BIOS geschrieben wurde.

Am Ende dieser Ära tauchten wieder (wie in der DOS-Ära) die komplexesten Viren auf, die es bis zu dieser Zeit gab. Beispiele sind Win32.MetaPHOR oder Win32.ZMist, die sehr stark metamorph sind und nicht von allen Antivirenprogrammherstellern vollständig entdeckt werden können.

Neue Nischen: Ab 2002

Ungefähr ab 2002 traten Viren mehr und mehr in den Hintergrund und wurden durch Würmer ersetzt. Die Entwicklung von Viren geht trotzdem weiter und bezieht sich vor allem auf neue Nischen.

Im Jahr 2002 wurde der erste Virus geschrieben, das sowohl Win32-Anwendungen als auch ELF-Dateien (z. B. Linux-Anwendungen) infizieren konnte. Dieses Virus kann als das Einläuten eines neuen Zeitalters der Viren gesehen werden.

Im Jahr 2004 brach dann endgültig eine neue Ära für Viren an. Das erste Virus für PocketPCs (mit dem Betriebssystem Windows CE) tauchte auf und zeigte, dass auch diese viel verwendeten Kommunikationsgeräte nicht verschont werden.

Einige Monate später wurde der Virus Win64.Rugrad entdeckt. Dieses Virus konnte die Anwendungen des neu erschienenen Microsoft Windows XP 64-bit Edition infizieren und hat eine Vorreiterrolle in der Entwicklung neuer Viren.

Wieder einige Monate später, im Jahr 2005, wurde das erste Virus für Handys (mit dem Betriebssystem Symbian OS) geschrieben. Es kann, nachdem vorher schon Würmer für dieses Betriebssystem erschienen sind, auch Dateien infizieren.

Mitte 2005, kurz nach der Veröffentlichung der ersten Beta-Version des XP-Nachfolgers Microsoft Windows Vista, wurde das erste Virus für die Microsoft Command Shell (Codename Monad) veröffentlicht. Zunächst wurde propagiert, dass es ein erstes Virus für das neue Windows gebe. Jedoch ließ Microsoft nach Bekanntwerden der Viren verlautbaren, dass Monad doch nicht wie geplant in Vista enthalten sein werde. Somit wäre dies ein Virus für eine Betaversion mit extrem geringen Chancen auf Verbreitung.

Das erste wirkliche Computervirus für MS Windows Vista trat einige Monate später, im Oktober 2005 auf. MSIL.Idoneus nutzt .NET Framework 2.0, um sich zu verbreiten.

In dieser Zeit wurden auch die ersten Viren für Ruby, MenuetOS, CHM, IDA und Microsoft Office Infopath entdeckt, die aber weder jetzt noch in Zukunft eine Gefahr für Anwender sein werden, da diese Plattformen kaum verbreitet sind und sich die Viren daher kaum vermehren können.

Eine weitere Gefahr geht in Zukunft von StarOffice- und OpenOffice.org-Makroviren aus, die im Juli 2006 entdeckt wurden. Da die Zahl von Benutzern, die nicht mehr auf Microsoft Office setzen, im Anstieg ist, war eine Konsequenz daraus, dass diese Programme angegriffen wurden.

 
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